Haben Buddhisten etwas zu feiern?

Vesakh (tib. Saga Dawa) – der höchste buddhistische Feiertag  zu Geburt, Erleuchtung und Parinirvana des Buddha

Im tibetischen Buddhismus gibt es vier große Feste (tib. Düchen), die sich auf das Leben von Buddha Shakyamuni beziehen. Dies sind:

  1. Chotrul Düchen, das Zeigen von Wundern (15. des ersten Monats des tibetischen Kalenders): meist im Februar nach Beginn des neuen Jahres (tib. Losar).
  2. Saga Dawa Düchen (15. des vierten Monats): der Geburtstag des Buddha (07.), der Tag seiner Erleuchtung (15.) und des Parinirvana (15.).
  3. Chökhor Düchen (4. des sechsten Monats): das erste Drehen des Dharma-Rades.
  4. Lhabab Düchen (22. des neunten Monats): Die Herabkunft von Buddha Shakyamuni aus dem Tushita-Himmel.

Es heißt, dass an diesen Tagen die Wirkungen der positiven und negativen Handlungen um zehn Millionen vervielfacht werden.

Die meisten Festdaten richten sich nach dem Mondkalender und sind schwer im Voraus zu kalkulieren. (Genaue Festlegungen der Termine finden sich im Internet oder im Rigpa-Kalender.) Daher liegen sie auch jedes Jahr an einem anderen Tag. Da dies in westlichen Ländern keine Feiertage sind, werden die Feierlichkeiten mitunter auf ein Wochenende verlegt.

Entsprechend der Thai-Tradition haben Buddhas Geburt, Erleuchtung und Parinirvana in einer Vollmondnacht (14./15.) im Monat Vesakha stattgefunden. Das entspricht in etwa unserem Monat Mai. Deshalb wird Vesakh in den meisten buddhistischen Ländern und im Westen am (ersten) Vollmondtag (oder einem entsprechenden Wochenende) im Mai gefeiert. Nach dem tibetischen Kalender ist der Zeitraum, in dem diese Ereignisse stattgefunden haben, der vierte Monat, Saga Dawa. Vesakh (tib. Saga Dawa Düchen) ist der wichtigste der vier buddhistischen Festtage.

Die Geburt des historischen Buddha, Siddharta Gautama Shakyamuni, fand (ca. 650 vor Chr.) in Kapilavastu am Vollmondtag im Mai in Nordindien statt und es gab zahlreiche besondere Zeichen und Prophezeiungen, dass er ein großer Herrscher oder ein spiritueller Meister werden wird. Bei seiner Erleuchtung im Alter von 35 Jahren in Bodhgaya verkündete er: „Tiefgründiger Frieden, natürliche Einfachheit, nicht-zusammengesetzte Klarheit: Ich habe einen nektargleichen Dharma gefunden.“

Dieser Tag (15.) markiert außerdem den Jahrestag des Parinirvana des Buddha. Als der Buddha im waldigen Hain in Kushinagar im Sterben lag, umgeben von fünfhundert seiner Schüler, sagte er mit seinem letzten Atem zu ihnen: „Es liegt in der Natur aller Dinge, dass sie eine Form annehmen und sich wieder auflösen. Bemüht euch in eurem ganzen Dasein, die Vollendung zu erlangen.“

Die asiatischen Buddhisten feiern oft und gerne – und wir?

Zu diesem Anlass werden häufig Blumen, Speisen oder Spenden als Gaben für Buddha, Dharma und Sangha dargebracht, während in den Klöstern und buddhistischen Zentren Rituale mit Gebeten und Rezitationen zum Gedenken an den Buddha und seine Lehre ausgeführt werden. Das Zusammentreffen der Nachfolgenden des Buddha betont den Aspekt des Sangha (skr. die buddhistische Gemeinschaft) als Objekt der Zuflucht und der gegenseitigen Unterstützung. Jeder einzelne kann dazu beitragen, dass sich die Gemeinschaft entwickelt und die Aktivitäten zum Wohle der Wesen ausgeführt werden können.

Da der Buddhismus in unserem Land noch nicht sehr verbreitet ist, gibt es hier auch keine buddhistischen Feiertage. In größeren Städten finden aber immer häufiger Vesakh-Feste statt, wobei verschiedene Gruppen gemeinsam Veranstaltungen organisieren, die oft auch öffentlich z.B. in Parkanlagen oder in größeren asiatischen Tempeln stattfinden. Aber auch in kleineren Gruppen gewinnen buddhistische Feste an Bedeutung. So nehmen auch wir seit einigen Jahren buddhistische Feste – insbesondere das Vesakh-Fest – zum Anlass, uns zu Ehren des Buddha zu treffen. Meist findet eine kurze Meditation mit anschließendem Beisammensein statt. In diesem Jahr haben wir eine kleine Feier vorbereitet, zu der wir alle Buddhisten, Mitglieder und Freunde wieder herzlich einladen (siehe Veranstaltungsteil: einmalige Veranstaltungen).

Ich meine, wir haben etwas zu feiern – wer macht mit?

In den letzten Jahrzehnten haben sich immer mehr Möglichkeiten entwickelt, die tiefgründigen Lehren so erklärt zu bekommen, dass wir sie im täglichen Leben anwenden können. In zahlreichen Zentren und Dharma-Gruppen können wir Meditationen und andere Methoden kennenlernen, um eigenständig oder mit anderen zusammen zu praktizieren, sodass wir Unterstützung und Hilfe erfahren. Neben Praxis und Studium können wir uns auf gemeinsamen Festen daran erinnern, wie hilfreich die Lehren für uns sind, und unsere Freude mit anderen teilen.

Langfristig haben wir die Vision, dass buddhistische Feste von einer größeren Zahl von Buddhist*innen mit Freunden und Familien wahrgenommen werden. Dazu können wir unter uns Buddhist*innen mit dem Vesakh-Fest anfangen. ‚Alte‘ Dharma-Freunde können neue inspirieren und es können sich Gemeinsamkeiten entwickeln. Um zu einem guten Gelingen beizutragen, ist Eure Kreativität und Mithilfe gefragt. Wer also gern etwas mitgestalten möchte, kann sich im Zentrum melden, sodass wir ggf. Treffen vereinbaren können, um etwas für das nächste Jahr vorzubereiten. Dazu muss man kein Mitglied in unserem Verein sein, auch andere Freunde des Buddhismus sind herzlich eingeladen.

Zusammengestellt von Tändsin T. Karuna,
aus früheren Artikeln zu buddhistischen Festen, mit aktuellen Ergänzungen