Im Gedenken an Kyabje Lho Ontul Rinpoche

Ein kurzer Nachruf

Die Nachricht, dass Lho Ontul Rinpoche am frühen Morgen seine letzten Atemzüge dieses Lebens getan hatte, kam am 20. November 2022 für uns sehr überraschend. Einen Monat vorher hatten wir einen offiziellen Aufruf von seinem Sohn Ratna Rinpoche erhalten, Vajrasattva-Mantras zu rezitieren, da es astrologisch ein schwieriges Jahr für Ontul Rinpoche wäre. Zu der Zeit befand er sich schon in ärztlicher Behandlung in Dehra Dun. Als wir knapp zwei Wochen später hörten, dass es Rinpoche besser ginge, waren wir erleichtert. Leider war dies keine dauerhafte Entwicklung.

Lho Ontul Rinpoche gehörte zu den Lehrern, die schon früh nach Deutschland kamen und den Dharma über mehr als 30 Jahre hier lehrten. Wir schätzten die Klarheit seiner Unterweisungen, die Tiefgründigkeit bei der Durchführung von Ritualen und Meditationen und auch seinen Humor. Bis auf die letzten Jahre, wo Ratna Rinpoche mit ihm unterwegs war, wurde er von seiner Frau Tashi Dölma begleitet. Sie konnte durch ihre offene und kommunikative Art schnell das Eis brechen und mit Kursteilnehmenden und Interessierten in Kontakt kommen. Ontul Rinpoche war zurückhaltender und konzentrierte sich in erster Linie auf die Übermittlung des Dharma.

Rinpoches enge Verbindung zur Nyingma-Linie und den Yang Zab Termas in der Drikung-Linie machten ihn zu einem besonderen Lehrer. So führte er bei uns in Aachen z.B. eine große Shitro-Einweihung (in die 100 friedvollen und kraftvollen Gottheiten des Bardo) mit entsprechendem Mandala durch, legte uns frühzeitig die Praxis „Der exzellente Pfad des spirituellen und materiellen Wohlseins“ ans Herz, in der es Teile gegen Pandemien, Kriege und Hungersnöte gibt, und lehrte uns die Grundlagen des Vajrayana bis hin zu Mahamudra und Dzogchen.

Vor ca. 20 Jahren begann er im Drikung-Zentrum in Staufenberg ein intensives Programm zum Yang Zab, das über viele Jahre in aufbauenden Stufen den ganzen Weg inhaltlich und mit entsprechenden Meditationen aufzeigte.

Mit großer Dankbarkeit denken wir an Lho Ontul Rinpoche. Das Beste, was wir für ihn tun können, ist sicherlich, das umzusetzen, was wir von ihm erhalten haben. Aber zumindest können wir ihm in der Phase seiner Transformation unser Verdienst widmen und Wunschgebete sprechen.

In den letzten 10 Jahren hat sein Sohn Ratna Rinpoche schon verschiedene Aufgaben im Kloster und bei der Übermittlung der Lehre übernommen. Einer Fortführung der von Ontul Rinpoche aufgebauten Strukturen und Aktivitäten ist somit der Boden bereitet.

Wir beten, hoffen und wünschen, dass wir den verwirklichten Geist von Ontul Rinpoche bald in einem neuen Körper wieder begegnen können.

Christian Licht