Rezitationen und Gebete im tibetischen Buddhismus

In den buddhistischen Klöstern finden regelmäßige Rituale statt, in denen die Lehren des Buddha durch Rezitationen von Texten und andere Übungen lebendig gehalten werden. Diese Methoden lassen sich auch im westlichen Alltag umsetzen, obwohl wir nicht so viel Zeit haben, um sie täglich oder in regelmäßigen Abständen auszuführen. Es stehen kürzere Zusammenstellungen zur Verfügung. Über die Jahre entwickelt sich eine kraftvolle Praxis, die einen vielfachen Nutzen bewirken kann. Während fortgeschrittene Praktizierende die Übungen anleiten, können die TeilnehmerInnen nach und nach die einzelnen Schritte kennenlernen.

Wenn wir uns mit Übungen nach dem Sutrayana und Vajrayana vertraut machen, können wir auch das Rezitieren von Texten (in deutscher und tibetischer Sprache) kennenlernen. Durch die gemeinsame Rezitation und die regelmäßige Übung nähern wir uns den tiefgründigen Übungen des Vajrayana immer weiter an und können unsere Erfahrungen der Praxis vertiefen. Die Visualisierungen und rituellen Handlungen unterstützen die Ausrichtung und Stabilität des Geistes.

Wenn wir ausführlichere Unterweisungen aus Sutra und Tantra und entsprechende Übertragungen des Vajrayana erhalten haben, können die verschiedenen Aspekte in die Praxis einfließen. Die Einweihung (tib. Wang), Textübertragung (tib. Lung) und Erklärungen zur Praxis (tib. Tri) sind notwendig, damit die Methoden des Vajrayana in der richtigen Weise durchgeführt werden können. Für die Beantwortung von Fragen stehen uns Abschriften von Unterweisungen zur Verfügung, die auch in ergänzenden Seminaren mit den Erklärungen zur Praxis besprochen werden können.

REZITATIONEN AM MORGEN

Die Guru Puja des Kyobpa Jigten Sumgön

Kyobpa Jigten Sumgön Statue im Stammkloster Drikung Thil

Kyobpa Jigten Sumgön Statue im Stammkloster Drikung Thil

Eine wichtige Methode im tibetischen Buddhismus ist die Guru Puja (tib. Lama Chöpa), in der man den Segen der Übertragungslinie erhält. Die Sadhana (Meditationsanleitung) der Guru Puja beinhaltet Gebete und Meditationen, die verschiedene Stufen des Pfades umfassen und aus Texten der Sutras und Tantras für die tägliche Praxis zusammengestellt wurden. Es gibt kürzere und längere Zusammenstellungen. Die Texte können in tibetischer oder deutscher Sprache rezitiert werden.

Die Guru Puja des Kyobpa Jigten Sumgön bezieht sich auf den Gründer der Drikung-Kagyü-Tradition. Die vorliegenden Texte entsprechen der Überlieferung, wie sie auch in den Drikung-Klöstern in Tibet und Indien bekannt ist. Kyobpa Jigten Sumgön war ein vollkommen erleuchteter Meister und rief vor mehr als 800 Jahren diese Linie ins Leben. Wenn wir die Meditation mit Vertrauen und Hingabe ausführen, werden die geistigen Verschleierungen, die durch unheilsame Handlungen von Körper, Sprache und Geist angesammelt wurden, gereinigt und wir legen die Ursachen zur Erlangung der Buddhaschaft.

Für Praktizierende des Vajrayana ist die Guru Puja eine wichtige Methode, um die Samayas zu erfüllen und Verwirklichungen zu erlangen. Praktizierende, die eine höhere Einweihung, insbesondere die Übertragung von Chakrasamvara (tib. Khorlo Demchog), erhalten haben, sollten daher regelmäßig die Guru Puja ausführen.

In unserem Zentrum wird eine ausführliche Rezitation im Zusammenhang mit Praxistagen, Retreats und Wochenendseminaren durchgeführt, sodass die Praktizierenden die Möglichkeit haben, von Zeit zu Zeit daran teilzunehmen. Nach Möglichkeit werden auch regelmäßige Rezitationen durchgeführt. Außerdem findet zu besonderen Anlässen eine festliche Darbringung in Form einer Ganapuja statt.

TeilnehmerInnen: Dharma-Praktizierende, die Übertragungen des Vajrayana erhalten haben

Leitung: buddhistische (tibetische) LehrerInnen, SeminarleiterInnen oder
Zentrumsmitglieder, die mit der Praxis vertraut sind

Termine:    Die Termine werden im Zusammenhang mit den entsprechenden Seminaren bekanntgegeben (regelmäßige Veranstaltungen, Seminare und Retreats)

REZITATIONEN AM ABEND

Anrufung der Dharmapalas (für Fortgeschrittene)

Achi Chökyi Dölma Statue im Stammkloster Drikung Thil

Achi Chökyi Dölma Statue im Stammkloster Drikung Thil

Am frühen Abend werden verschiedene Aspekte der Buddhas und Bodhisattvas in der Form von sogenannten Dharmapalas (Schützern der Lehre) angerufen, um Hindernisse zu beseitigen und günstige Umstände für die Dharma-Praxis zu schaffen. Die Praxis fördert unser Vertrauen und unsere Tatkraft und trägt dazu bei, Zweifel, Mutlosigkeit und störende Einflüsse zu überwinden, damit wir in unserer Entwicklung Fortschritte machen können.

Die vorliegende Sadhana wurde von S.H. Drikung Kyabgön Chetsang erstellt und umfasst kurze Zusammenstellungen der Darbringungen von Speisen und Getränken (tib. Torma und Serkyem) an zahlreiche Buddhas, Bodhisattvas, Dakas, Dakinis, die spirituellen Lehrer usw., die mit verschiedenen Tantra-Klassen der Übertragungslinien in Zusammenhang stehen.

Als besondere Dharma-Schützerin der Drikung-Linie ist Achi Chökyi Dölma bekannt, aus deren Nachkommenschaft Kyobpa Jigten Sumgön, der Gründer der Drikung-Linie, hervorging. Neben der Anrufung an diese große Schützerin werden weitere Rezitationen, wie der Lobpreis an die 21 Taras, ausgeführt und durch den Klang ritueller Instrumente begleitet.

TeilnehmerInnen: Die Rezitationen sind für alle geeignet, die mit tibetischen Texten vertraut sind und Übertragungen und Erklärungen zur Praxis des höchsten Yoga-Tantra erhalten haben. Dazu gehört insbesondere eine Einweihung und die Erklärungen zur Meditation von Achi Chökyi Dölma, sowie zu Chakrasamvara (tib. Khorlo Demchog) und Vajrayogini (tib. Dorje Naljorma). Insbesondere Praktizierende, die mehrere, höhere Einweihungen erhalten haben und schon längere Zeit einer Dharma-Praxis folgen, können durch diese Übungen die Verbindungen zu zahlreichen Objekten des Verdienstfeldes aufrecht erhalten.

Aber auch andere Dharma-Praktizierende können bei Seminaren und Kursen an den Rezitationen teilnehmen oder dabei zuhören, um den Segen der Praxis zu erhalten und positive Eindrücke im Geist zu legen. So werden günstige Umstände geschaffen, damit man später entsprechende Übertragungen erhalten und Fortschritte auf den Stufen und Pfaden machen kann.

Leitung: buddhistische (tibetische) LehrerInnen, SeminarleiterInnen oder
Zentrumsmitglieder, die mit der Praxis vertraut sind

Termine:    Die Termine werden im Zusammenhang mit den entsprechenden Seminaren bekanntgegeben (regelmäßige Veranstaltungen, Seminare und Retreats)

Die Praxis des Kusali-Chöd (für Fortgeschrittene)

Nonnen bei der Praxis des Chöd

Nonnen bei der Praxis des Chöd

Die Praxis des Chöd (tib. „Abschneiden“ der Wurzel der Geistesgifte) ist eine sehr tiefgründige Methode des Vajrayana, durch die allein durch das Zuhören körperliche Krankheiten und geistige Verblendungen geheilt werden können. Sie wird angewendet, um geistige Hindernisse zu überwinden, indem man sich diese in der Form von Geistern und Dämonen vorstellt und diese durch die Darbringung während des Rituals zufriedenstellt. Mit der gemeinsamen Rezitation kann die Visualisierung an Hand des Textes geübt und die Handhabung der Instrumente trainiert werden. Der gleichzeitige Einsatz von Körper (Anwendung der Instrumente), Sprache (Rezitation des Textes) und Geist (Visualisierung der Darbringung und Objekte) erfordert eine gute Konzentration. Durch die vorgestellten Darbringungen können wir unsere Anhaftung an unsere Skandhas (Körper usw.) sowie an den Kreislauf von Samsara aufgeben.

Die Praxis des Chöd steht in engem Zusammenhang mit Prajnaparamita, der Vollkommenheit der Weisheit. Zur Vertiefung der Praxis werden ergänzende Übungen, zu denen auch das Herz-Sutra gehört, einbezogen.

Es heißt, dass allein durch das Hören dieser Praxis körperliche Krankheiten und geistige Verblendungen geheilt werden können. Wir kennen das Chöd auch aus den Aufführungen von buddhistischen Mönchen oder Nonnen.

An den Übungen können Praktizierende teilnehmen, die die entsprechenden Übertragungen und Unterweisungen – eine Einweihung (tib. Wang) zu Vajrayogini (tib. Dorje Naljorma), die Erlaubnis zur Textrezitation (tib. Lung), sowie Unterweisungen zur Praxis – erhalten haben und das Chöd sowie die Anwendung der Instrumente regelmäßig ausführen möchten. Es sind einige Trommeln und Glocken im Zentrum vorhanden. Wer eigene Instrumente besitzt, sollte diese mitbringen.

Leitung:  buddhistische (tibetische) LehrerInnen, SeminarleiterInnen oder Zentrumsmitglieder, die mit der Praxis vertraut sind

Termine: Die Termine werden im Zusammenhang mit den entsprechenden Seminaren bekanntgegeben (regelmäßige Veranstaltungen, Seminare und Retreats)

Dana – die Übung von Freigebigkeit

Buddhistische Veranstaltungen sind normalerweise kostenfrei, da großzügiges Geben in buddhistischen Ländern eine weit verbreitete Praxis ist. So wird für eine gute Entwicklung entsprechender Einrichtungen gesorgt. Hier gibt es jedoch nicht soviele Förderer, um die Entwicklung des Buddhismus in Deutschland und entsprechende Projekte zu unterstützen. Daher werden für Kurse und Seminare Beiträge erhoben und es wird um zusätzliche Spenden gebeten, sodass die Zentrumsräume erhalten und ggf. Kosten für die ReferentInnen (Reise, Unterkunft, Verpflegung) und Mitarbeiter aufgebracht werden können. Spenden für kostenfreie Veranstaltungen können pro Veranstaltung oder vierteljährlich in der Spendenbox (an der Garderobe) eingeworfen werden.

GanapujaAlle Beiträge sollten als eine Darbringung verstanden werden und dienen dem Erhalt und der Entwicklung der buddhistischen Lehren. Ebenso gehört es zur buddhistischen Praxis, gelegentlich sogenannte Opfergaben darzubringen. Dazu sind z.B. Blumen gut geeignet. Auch Lichter, Räucherwerk usw. können nach Absprache mit den Zentrumsmitarbeitern gespendet werden. Das Wichtigste ist, dass wir unseren Geist öffnen und wirkliche Freude bei unserer Praxis und mit solchen Übungen erfahren.

Mitarbeiter des Zentrums sowie Mitglieder, die die Aktivitäten des Zen­trums bereits durch regelmäßige Spenden oder Beiträge unterstützen und an verschiedenen anderen Seminaren teilnehmen, sind eingeladen, sich an den regelmäßigen Rezitationen zu beteiligen und auf diese Weise zu den Dharma-Aktivitäten beizutragen und die Überlieferungen aufrecht zu erhalten. Das Darbringen von Zeit ist heute ja fast noch wertvoller als finanzielle Mittel.

Auch, wenn wir nicht so häufig die regelmäßigen Rezitationen ausführen können wie in einem buddhistischen Kloster, hoffen wir, mit diesem Angebot insbesondere langjährigen Praktizierenden die Möglichkeit zu geben, diese Praxis gemeinsam auszuführen und so große Verdienste anzusammeln.

Möge es für viele von Nutzen sein!