Eindrücke aus der Dharma-Praxis

Tsa Lung Übungsgruppe
Die Teilnahme an der Übungsgruppe und das Üben von Tsa Lung macht mir großen Spaß, die 120 min. vergehen wie im Flug. Man kann gut in die Mediationen und Übungen hineinfinden; ich komme dadurch zur Ruhe und fühle mich anschließend erfrischt und habe mehr Energie.
                                                                                                                                                                                                                                                  Sabine

Seit Oktober praktiziere ich Tsa Lung. Seitdem ist meine Beweglichkeit insgesamt besser geworden, meine Atmung generell tiefer und speziell nach den Übungsstunden bin ich mehr bei mir.
                                                                                                                                                                                                                                                  Ulla

Tsa Lung kann ein Weg zu Dir selbst sein, der körperlich endet oder weitergeht. Die Übungsgruppe hilft Dir dabei, ist aber kein Workout.
                                                                                                                                                                                                                                            Wiebke


Siebentägiges Morgen-Retreat (27.2. – 5.3.)
Leider fehlt uns – oder zumindest mir – in der Hektik des Alltags nicht selten die Zeit für eine tägliche Praxis. Die Morgen-Retreats sind daher eine perfekte Gelegenheit, um eine Praxis zu vertiefen und sie zusammen mit anderen regelmäßig zu praktizieren, und sei es auch nur für 7 Tage. Vielen Dank für diese Möglichkeit … Ich bin gern beim nächsten Mal wieder dabei.
                                                                                                                                                                                                                                                Uli

Ganz allgemein gibt mir das Morgen-Retreat die Chance, noch einmal meine Disziplin zu stärken und früh aufzustehen, obwohl ich nicht berufstätig bin. Jigten Sumgön als Meditationsobjekt war mir neu. Aber ich habe gemerkt, dass meine Aufmerksamkeit zunimmt, wenn ich mich mit Unbekanntem beschäftige. Und dass sich eine Vertrautheit zu dieser Praxis rasch einstellte. Das Buch „Die eine Intention“ werde ich bestimmt noch lesen.
Mir hat das regelmäßige, gemeinsame, konzentrierte Tun gut getan – der Tag beginnt sinnvoll und strukturiert; ich gehe gestärkt in den Tagesablauf. Tatsächlich habe ich den Elan, weiterhin morgens früh aufzustehen und (meistens) auch als Erstes zu meditieren.
                                                                                                                                                                                                                                               Gerti


Gemeinsame Praxis der Jigten Sumgön Guru Puja
„Na, das ist auf jeden Fall mal ein Erlebnis“   ….   platze es aus mir heraus, als Christian mich fragte, ob ich für den Rundbrief ein paar Sätze zur Guru Puja am Donnerstagabend schreiben kann. In den vergangenen Jahren haben wir diesen Termin genutzt, um gemeinsam unsere Ngöndro-Praxis zu vervollständigen; haben mit Niederwerfungen und Mantra-Rezitationen Zuflucht zu Buddha, Dharma, Sangha, Guru, Deva und Dakini genommen, unser Karma mittels der Vajrasattva-Praxis blitzblank geputzt (für täglichen Nachschub, der weitere 100-Silben-Mantra Rezitationen nötig macht, wird natürlich selbst gesorgt), haben den Buddhas unendliche Welten in der wunderschönen Mandala-Praxis dargebracht und uns schließlich in der Guru-Yoga-Praxis mit der Übertragungslinie verbunden und den Segen erbeten.

Und nun das: Guru Puja. Ok, zunächst war ich skeptisch. In der Vergangenheit hatte ich zwar durch das Ngöndro, viele Seminare und tibetische Meditationen einige Erfahrungen im Vajrayana sammeln können, aber an „Ritualen und Festivitäten“ dieser Art, hatte ich nur selten teilgenommen. „Dann wird es ja mal Zeit“, dachte ich mir, zumal mir die Guru Puja als die logische Fortsetzung der Guru-Yoga-Praxis im Ngöndro erschien. Zudem setzte Ani Elke das Praxis- und Studienprogramm fort, in dessen Rahmen wir zuletzt das Ngöndro erlernt und praktiziert haben. Thema diesmal: Guru Yoga, Dharmapala und Chöd. Na bitte. Als Christian dann auch noch berichtete, dass in den Klöstern allmorgendlich eine Guru Puja durchgeführt wird, gab es keinerlei Zweifel mehr, ob das wohl das richtige ist. Obwohl ich ehrlich gesagt kaum eine Vorstellung davon hatte, was wir da eigentlich machen. Also musste einer meiner Leitsprüche herhalten, der mir in den letzten Jahren auf der Vajrayana-Entdeckungsreise gute Dienste geleitet hat: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Aber was tut man? Nun, zunächst mal macht man das, was man immer macht: eine gründliche Vorbereitung mittels der altbekannten Zufluchts- und Motivationsgebete (puh: ich war beruhigt), hier gefolgt von der Anrufung an Buddha, Dharma und Sangha. Statt des kurzen „Sieben-Zweige-Gebetes“ geht es dann auch gleich ans Eingemachte (dabei hat die eigentliche Puja noch gar nicht begonnen): das lange Sieben-Zweige-Gebet als „siebenfache Opferung des Sutrayana“. Das Sieben-Zweige-Gebet, egal ob in ganz kurzer Form, als siebenfache Opferung des Sutrayana, oder als Serkhangma – der siebenfachen Opferung des Vajrayana – hat im tibetischen Buddhismus eine zentrale Bedeutung. Neben der Ansammlung von Verdienst stellen die sieben Zweige die Gegenmittel zu den Geistesgiften dar, was Christian uns in diesem Zusammenhang noch einmal erläuterte.

Was kann es Besseres gegen Stolz (sowie eingerostete Gelenke und verkümmerte Bauchmuskeln) geben als Niederwerfungen? Wie lässt sich Anhaftung besser überwinden, als alles darzubringen, was man sich nur vorstellen kann (dies wird im weiteren Verlauf der Praxis noch einmal durch „die Opferung des 37 Punkte Mandala“ vertieft). Das „Bekenntnis unheilsamer Handlung“ bezieht sich auf alle möglichen „Verfehlungen“, insbesondere aber die folgenreichen negativen Wirkungen des Hasses. Sich am „Verdienst der anderen“ zu erfreuen wirkt Neid und Eifersucht entgegen. Und wenn wir die Buddhas bitten, das Rad der Lehre zu drehen, so ist dies ein Gegenmittel gegen die Unwissenheit. Subtiler zu verstehen ist die „Bitte an die Buddhas, zu verweilen“. Tut man dies, so möchte man bewirken, dass wir durch sie inspiriert und durch ihre Präsenz vom Nutzen des Pfades überzeugt werden, sodass jeglicher Zweifel sich auflöst. Von besonderer Bedeutung ist die abschließende Widmung, die noch einmal alle Punkte zusammenfasst: Verbeugungen, Opferungen, Bekennen, Erfreuen, Erbitten und Ersuchen – wie gering das dadurch angesammelte Heilsame auch sein mag, ich widme alles der vollkommenen Erleuchtung. Wie bedeutsam die Widmung ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie im fünfteiligen Pfad des Mahamudra, eine eigenständige Praxis darstellt. Und natürlich wird zum Abschluss jeglicher Praxis das Verdienst gewidmet – sozusagen eine hochverzinste Einzahlung auf das Gemeinschaftskonto. Verlust ausgeschlossen. Wie wunderbar.

Wenn der Widmung eine so herausragende Rolle zukommt, dann muss sie folglich ein Gegenmittel gegen ein herausragendes samsarisches Dilemma sein. Was ist das zentrale, leidverursachende Problem? Es ist das „Greifen nach einem eigenständigen Selbst“. Schon das Greifen nach den „äußeren“ Erscheinungen erzeugt Druck und Leid. S.E. Garchen Rinpoche zitiert in diesem Zusammenhang gerne Tilopa, wenn er zu seinem Schüler Naropa sagt: „Sohn, es sind nicht die Erscheinungen, die dich fesseln, es ist das Greifen nach den Erscheinungen.“ Es ist eine schöne Alltagsübung, dies ganz praktisch auszuprobieren. Betrachtet man in einer konfliktbehafteten Situation (und das können ganz kleine Alltagsdinge sein) die Sache neutral, ohne Wertung, ohne Nachfassen, ohne Greifen, entweicht jeglicher Druck aus dem Kessel. Und nun stelle man sich vor, man greift auch nicht mehr nach dem, was man als eigenes, vermeintliches Selbst identifiziert: Totale Entspannung. Um es in der Wortwahl des Herz-Sutras auszudrücken: kein Kessel, kein Druck. Der Dalai Lama würde sagen: „No ego, no suffering“. „Kein Ego, kein Leiden“. Wir erinnern uns: Mit der eigentlichen Guru Puja haben wir noch gar nicht begonnen; und sind doch schon gedanklich im Dharmakaya. Abermals: wie wunderbar! Das ist ein Punkt, der mich am Buddhismus im Allgemeinen und am Vajrayana im Speziellen so begeistert. Jeder einzelne Teil der Lehre enthält schon wesentliche Teile der Essenz. Greife dir aus der Praxis einen Teil heraus und du kannst in alle Richtungen Fäden zum Ganzen ziehen.

Einen durchgehenden Faden stellt auch die Übertragungslinie dar: Vajradhara, Tilopa, Naropa, Marpa, Milarepa, Gampopa, Phagmodrupa, Jigten Sumgön … und vom Begründer der Drikung Kagyü Linie bis zu den heutigen Linienhaltern. Im nächsten Teil wenden wir uns mit dem wundervollen Bittgebet „Ein leichter feiner Regen“ an diese Lamas der Übertragungslinie und bitten um den Segen. Gerade auf Tibetisch rezitiert ein wundervolles Gebet.

Kommen wir nun zum musikalischen Teil der Veranstaltung. Mit dem Segnen von Vajra und Ghanta schließen wir die Vorbereitung ab. Im Folgenden (also der eigentlichen Guru Puja) werden wir die Ghanta vielfach verwenden – meist gemeinsam mit Becken (gespielt vom Band-Leader Christian), Trommel und Damaru (in wechselnder Besetzung). Und „schon“ geht’s los: Die Darbringung an den spirituellen Meister – Guru Puja des Kyobpa Jigten Sumgön, den Begründer der Drikung Kagyü Linie. Und natürlich wäre das keine Vajrayana-Praxis, wenn wir nicht wieder ganz von vorne beginnen würden: Zufluchtnahme und Entwicklung von Bodhicitta. Dann folgen die „Segnung der Opferungen“ und ein wunderschönes „Opferwolken-Dharani“ zur Reinigung und Vervielfältigung der Darbringungen. In der daran anschließenden Visualisierung des Verdienstfeldes stellen wir uns im Zentrum Jigten Sumgön vor, umgeben von den Gurus der Übertragungslinie, dem Mandala der Devas sowie den drei Juwelen Buddha, Dharma, Sangha, eingerahmt von den Dharma-Schützern – so wie wir das vom Zufluchtsbaum kennen, hier mit Jigten Sumgön als Wurzel-Guru, der Essenz aller Buddhas, im Zentrum.

Wir laden den „Beschützer der drei Welten“ ein, mit seinen Begleitern an diesem Ort zu erscheinen und bringen erneut Gaben dar. Hier kann auch das 37 Punkte Mandala dargebracht werden sowie die siebenfache Opferung des Vajrayana – das Serkhangma. Damit steuern wir schließlich unaufhaltsam auf den Höhepunkt der an vielen Stellen musikalisch begleiteten Veranstaltung zu. Möchte man wissen, um was es im tieferen Sinne geht, wird man in der Vajrayana-Praxis im Mantra fündig. Und da die Guru Puja den gesamten fünfteiligen Pfad der Mahamudra umfasst, ist es folgerichtig, dass es auf dem Höhepunkt der Puja um Mahamudra geht – genauer, um die Bitte an den ehrwürdigen Guru, den Beschützer der drei Welten, den Wurzel-Lama: „gewähre mir die Frucht der höchsten Siddhi der Mahamudra“. Einmal auswendig gelernt, lässt sich das Mantra ganz wundervoll rezitieren:

OM A NAMO GURU BADSRA DHRIK TREE
LOKJA NAT’A RATNA SCHRI MULA GURU
MAHA MUDRA SIDDHI P’ALA HUNG

Wir tun dies in der Praxis viele Male. Man kann dies auch im Alltag immer wieder im Geiste rezitieren (passiert mir jedenfalls, da es einfach so schön zu rezitieren ist). Ist ja auch nicht das Schlechteste, wenn man immer wieder einen persönlichen Draht zum Chef herstellt ….

Damit sind wir bis zum Kern der Zeremonie vorgestoßen. Hat man viel Zeit, so kann man an dieser Stelle eine Ganapuja (Tsog Chö) anschließen. An unseren Donnerstagen ist dies nicht möglich. Zu besonderen Anlässen wird dies im Zentrum aber durchaus praktiziert. Den Ausklang bilden dann weitere Lobpreise und Bittgebete sowie das „Nehmen der vier Einweihungen“ … und natürlich: die Widmung.

Ganz persönlich kann ich zu dieser Praxis sagen, dass meine anfänglich nicht oder nur diffus vorhandenen „Vorstellungen“ weit übertroffen wurden. Die Guru Puja ist eine tiefgründige und unglaublich vielfältige Praxis, die alles enthält, was man braucht. Kein Wunder also, dass sie in den Klöstern täglich am Morgen praktiziert wird. So ist man gut gerüstet für den Tag … und den Rest des Lebens innerhalb dieser kostbaren menschlichen Existenz.

Hartmut