Starke Frauen im Buddhismus
Geschichten und Lebenswege: Indien, China, Japan
Windpferd Verlag, Köln 2025
286 Seiten, Paperback
13,7 x 21,5 cm
Preis: 20€
Starke Frauen im tantrischen Buddhismus
Geschichten und Lebenswege: Indien, Tibet, Nepal
Windpferd Verlag, Köln 2025
239 Seiten, Paperback
13,7 x 21,5 cm
Preis: 20€
„Ich erinnere mich noch genau, wie es mich ergriff, als ich zum ersten Mal die Statue von Buddha Tara erblickte. Ihr Anblick traf mich ins Herz, denn ich verstand in diesem Augenblick, dass es im Buddhismus die lebendige Überlieferung erleuchteter Frauen gab, kraftvoll, gesammelt und strahlend.“ (S.13)
Diese prägende und ihr Leben bewegende Erinnerung stellt Lama Agnes Pollner (Jahrgang 1959), gebürtige Kölnerin, ihren Büchern voran. Und diesem Herzensanblick Taras, in dem Agnes Pollner Tara und zugleich Tara Agnes Pollner erblickt, verdanken sich über Umwege auch die beiden Bücher „Starke Frauen im Buddhismus“ und „Starke Frauen im tantrischen Buddhismus“. Ursprünglich unter dem Titel „Die weibliche Seite Buddhas“ bei Theseus erschienen und längst vergriffen, hat nun der Windpferd Verlag dankenswerterweise eine überarbeitete Neuausgabe herausgebracht. Der Untertitel beider Bücher lautet schlicht: „Geschichten und Lebenswege“.
Von dem, was wirklich einmal gewesen ist, wissen wir das allermeiste nur durch die Geschichten, die man uns davon erzählt. Von den zahllosen Lebenswegen der Menschen sind nur die wenigsten, wie man so sagt, ‚in die Geschichte eingegangen‘ und uns in Geschichten (Mythen, Legenden, Erzählungen, Berichten …) überliefert. Was aber überliefert ist und wie es erzählt wurde, wurde ausgewählt und gestaltet. Von wem, mit welcher Absicht? Und was ist dabei nicht alles ‚unter den Teppich gefallen‘?!
Wie will man aber sich selbst verstehen, wenn man die eigene Geschichte nicht kennt? Die Geschichte der starken Frauen im Buddhismus ist ein Musterbeispiel für eine solche selektive Auswahl. „Doch wo sind sie,“ fragt Agnes Pollner, „diese Frauen? Wo stehen ihre Namen, wo die Namen ihrer Lehrerinnen, und wo sind ihre Taten und Fähigkeiten dokumentiert?“ (S.17)
Agnes Pollner hat die Literatur gesichtet und aufbereitet, aber keine trockenen, sondern sehr lebendige und phantasieanregende Erzählungen weiblicher buddhistischer Lebenswege gestaltet. Wichtige Informationen zum gesellschaftlichen und religiösen Umfeld ergänzen die Lebensbilder. Der Sammlung von Erzählungen ist eine ausführliche Einleitung vorangestellt, in der Agnes Pollner grundlegende Fragen und Voraussetzungen thematisiert: Aus welcher Perspektive werden die Geschichten der weiblichen Praktizierenden erzählt? Wie glaubwürdig ist die oft legendenhafte Überlieferung?
Aber aus welchem Antrieb sollen wir uns – über das historische Interesse hinaus – mit diesen alten Geschichten beschäftigen? Zentral ist für Agnes Pollner „Der Aspekt der Freiheit“: „Am allerwichtigsten war mir, in jeder Geschichte den Aspekt der Freiheit zu finden und mich in der Erzählung davon leiten zu lassen. Ein guter Leitsatz war mir dabei folgende Bemerkung der zeitgenössischen tibetischen Lehrerin Jetsün Khandro Rinpoche: ‚Wenn Frausein hilft, dann nutze es, wenn es hindert, dann schau, ob du es auch als Hindernis nutzbar machen kannst.‘
Mit anderen Worten: Nicht die widrigen Umstände und Hindernisse, denen Frauen immer wieder ausgesetzt waren, wenn sie sich auf den spirituellen Weg begeben wollten, haben mich als solche interessiert, sondern die Art und Weise, wie eine bestimmte Heldin Lösungen dafür gefunden hatte. Es hat mich inspiriert, die Frauen aus einer Perspektive zu beschreiben, die ihre Fähigkeiten, ihre Stärke und Offenheit herausstellt. In den Interpretationsvorschlägen, die ich zu manchen Geschichten anbiete, lade ich die Leserinnen und Leser immer wieder ein, diesen Standpunkt der Freiheit einzunehmen, wenn sie die Geschichte auf sich wirken lassen.
So eine Haltung, die sich auf das Inspirierende am Handeln anderer ausrichtet, verweist auf das Gebet der sieben Zweige, einer der buddhistischen Kerntexte. Der vierte Zweig dieses Gebets heißt: ‚Freue dich an dem Guten, das andere vollbringen.‘ Wenn wir in Heiligenlegenden eintauchen, nehmen wir diesen Standpunkt ganz wie von selbst ein, wir richten uns auf das Gute aus, oder, anders gesagt, auf den Aspekt der Freiheit!“ (S.41)
Der erste Band versammelt Lebens- und Erfahrungsgeschichten von Frauen aus ganz unterschiedlichen buddhistischen Traditionen, von den „Frauen der ersten Stunde“ über die „Die Frauen des indischen Mahayana“ bis zu den „Frauen des chinesischen und japanischen Mahayana“. Dabei entfaltet sich in den Erzählungen ganz von selbst das breite Spektrum weiblicher Lebensrealität in den verschiedenen Epochen und Kulturen: „Göttin, Königin, Straßenverkäuferin und Poetin“ – „Nonne, Zenmeisterin, Geisha und respektlose Alte“ Es entsteht aus einzelnen Geschichten wie aus Mosaiksteinen ein differenziertes Bild davon, was es bedeutete und bedeutet, als Frau auf dem buddhistischen Pfad unterwegs zu sein.
Der zweite Band erzählt von Yoginis, Dakinis und weisen Frauen aus Indien, Tibet und Nepal. Agnes Pollner porträtiert große Figuren wie z.B. Yeshe Tsogyal, Machig Labdrön oder Mandarava – Frauen, die als Mystikerinnen, Lehrerinnen oder Reformerinnen besonders im tantrischen Buddhismus wirkten und deren Bedeutung bis heute lebendig ist. So geht die inzwischen auch im Westen verbreitete Praxis des Chöd auf Machig Labdrön (11./12. Jh.) zurück.
Aber nicht nur große Namen wie Machig Labdrön begegnen uns bei der Lektüre. Wer hat schon – auch in buddhistisch informierten Kreisen – etwas von „Mugai Nyodai, Japans erster Zenmeisterin“ gehört oder von der „Wanderpoetin Rengetsu“ oder von der Sklavin „Punnika“? Manche der Geschichten sind prall voll mit Dramatik und Exotik, andere wiederum berühren gerade durch ihre menschliche Einfachheit.
„Man kann in dieses Buch eintauchen, wie man ein schönes Fest genießt. Uns begegnen interessante, anregende und bewegende Menschen, und wir hören uns an, was sie zu erzählen haben. Die Geschichten außergewöhnlicher Frauen können auch unabhängig von einem tiefergehenden Interesse am spirituellen Weg des Buddhismus fesseln.
Wer möchte, kann sich aber auch Schritt für Schritt in die Geschichte des weiblichen Buddhismus hineinbegeben. Oder vielleicht schlägt man das Buch jedes Mal an einer anderen Stelle auf und lässt sich beim Schmökern überraschen. Andere wiederum freuen sich darauf, sich die Geschichten vorlesen zu lassen – auch dazu eigenen sie sich. Vielleicht lässt die eine oder andere Befreiungsgeschichte das Herz höherschlagen, dann können wir sie noch einmal lesen und immer wieder, bis wir sie schließlich selbst anderen weitererzählen können.
In den Kommentaren und Einleitungen zu der jeweiligen Geschichte weise ich auf Zusammenhänge hin, die mir wichtig erscheinen. Man kann dies als Anregung nehmen, um das Verständnis zu vertiefen, Symbole und Motive zu erkennen, sie in den einzelnen Geschichten wiederzufinden und um Querverbindungen herzustellen. Die Nacherzählungen in diesem Buch können zum Ausgangspunkt für das Studium der Quellentexte werden, die sie inspiriert haben, oder auch zu anderen Formen kreativen Ausdrucks inspirieren. Die Anmerkungen sind hierbei als weitere Anregungen zu verstehen.
Schließlich können die Geschichten und ihre Heldinnen ein Teil unserer Praxis werden, indem sie dazu beitragen, unser Verständnis des Dharma zu vertiefen, und uns im Leben, im Tod und im Erwachen begleiten.“ (S.43f)
Rolf Blume
Die Bücher sind im Mandala Dharma-Shop vor Ort sowie über den Online-Shop erhältlich.

