Buddha-Natur – Das höchste Kontinuum

Neuer Jahreskurs (Praxis- und Studienprogramm) – (PSP 1)

In Silbererz ist Silber, in Sesamsamen ist Sesamöl
und in Milch ist Butter bereits vorhanden.
Ebenso, wie es möglich ist, Silber aus Silbererz,
Öl aus Sesam und Butter aus Milch zu gewinnen,
so liegt in allen Lebewesen die Möglichkeit,
vollkommenes Erwachen zu verwirklichen.

 

  Buddha Maitreya

Das Mahayana Uttaratantra Shastra bezieht sich auf das Dharanisvarajasutra und wurde von Maitreya an den großen indischen Meister Asanga übertragen, von dem es in die tibetischen Traditionen überliefert wurde. Der Sans-
krit-Titel bedeutet: Die höchste (ultimative) Abhandlung des Mahayana über die unveränderliche Kontinuität. Dieser tiefgründige Text des Mahayana, der auf Tibetisch kurz ‚Gyü Lama[1]‘ genannt wird, ist eine Untersuchung der wahren Natur der Phänomene und des höchsten[2] Kontinuums[3]. Man kann ihn als die Quintessenz aller Sutras des dritten Drehens des Rades der Lehre bezeichnen.

  Gampopa

Das Uttaratantra bezieht sich nicht auf tantrische Belehrungen des Vajrayana, auch wenn der Name dies vermuten lässt, sondern es ist ein Shastra, d.h. ein Kommentar zu den Lehren des Buddha. Der Kommentar erklärt die Dharmakaya-Natur des Geistes auf eine Art, die den Lehren des Tantra sehr ähnlich ist. Deshalb ist er allgemein als ein Kommentar bekannt, der eine Brücke zwischen Sutra und Tantra schlägt. Die Erklärungen zur Buddha-Natur (skr. Tathagatagarbha) sind daher auch der Hintergrund für die Anwendungen der tiefgründigen Übungen des Vajrayana. Ein fundiertes Verständnis des Mahayana Uttaratantra kann die unfehlbare Sicht der Mahamudra erweitern. So hat der Erhabene Gampopa gesagt: „Meine Mahamudra ist die Sicht des Mahayana Uttaratantra.“

Gewöhnliche Wesen, hoch Realisierte und vollkommen Erleuchtete
nähern sich der Soheit in unterschiedlicher Weise an.
So haben die Seher der Wahren Natur
die Essenz der Sieger (Buddha-Natur) gelehrt.

Neben dem Wunsch, dem Leiden des Daseinskreislaufes (skr. Samsara) zu entfliehen, brauchen wir grundlegende Kenntnisse über den Weg und das Ziel, um Befreiung erlangen zu können. Diese beruhen auf dem Verständnis der allen Wesen innewohnenden Buddha-Natur. Die Buddha-Natur ist gleichzeitig Ursache und Ziel und auf ihrer Basis können sich alle Qualitäten entfalten. Maitreya gibt ausführliche Erklärungen über dieses Potenzial der Erleuchtung.

Um dieses Potenzial freizulegen und Buddhaschaft zu erlangen, wenden wir verschiedene Methoden der buddhistischen Lehre an, entwickeln dadurch zahlreiche Fähigkeiten und erlangen Verwirklichungen. So können wir nicht nur die Befreiung aus dem Kreislauf des Leidens erreichen, sondern werden fähig, auch andere Wesen zur Befreiung zu führen, wie es im Mahayana angestrebt wird.

  Asanga

Ein Buddha[4] ist jemand, der alle Verblendungen beseitigt und alle Qualitäten verwirklicht hat. Die letztendliche „Form“ des Buddha bezeichnet man als Dharmakaya (skr., „Wahrheitskörper“). Dharmakaya ist das „Element“ (die Buddha-Natur), wenn es frei von den Verschleierungen geworden ist. Der Dharmakaya ist ungeschaffen, d.h. diese Ebene ist nicht von äußeren Bedingungen abhängig, sondern kann aufgrund von Erkenntnis verwirklicht werden. Der Kommentar beschreibt also nicht nur die Buddha-Natur, sondern zeigt auf, was Buddha, Dharma und Sangha letztendlich bedeuten und welches Potenzial in uns verborgen ist. Dies und vieles mehr wird im Kommentar von Maitreya dargelegt.

Obwohl wir immer wieder etwas von der Buddha-Natur hören oder darüber lesen, fehlt uns ein tieferes Verständnis darüber, was eigentlich damit gemeint ist und welchen Nutzen es hat, dieses Potenzial zu erkennen und freizulegen. Indem wir den Kommentar ausführlich besprechen und auf uns wirken lassen, machen wir uns mehr und mehr mit unserer Buddha-Natur vertraut. Dies stärkt unsere Kraft und Zuversicht in uns selbst und in unsere Praxis. Insbesondere in Bezug auf unsere Dharma-Praxis kann uns ein tieferes Verständnis der Buddha-Natur – und damit auch der buddhistischen Lehre – helfen, unsere Verblendungen und Hindernisse zu überwinden und Kraft in uns zu finden. Dadurch werden uns unsere Übungen immer leichter fallen, denn mit jedem Schritt, den wir gehen, bekommen wir durch das Freiwerden unseres Potenzials mehr Unterstützung. Wenn wir uns dann im Alltag umschauen und versuchen, unsere Erkenntnis in den Begegnungen mit anderen anzuwenden, erfahren wir einen direkten Nutzen der Sichtweise, dass auch die anderen zahlreiche Qualitäten besitzen. Wir verlieren uns nicht mehr so sehr an die Verschleierungen und Verblendungen, die dieses Potenzial vorübergehend verdecken, sondern stützen uns auf die Qualitäten, die jedes fühlende Wesen grundlegend ausmachen.

Die Buddha-Natur ist ein tiefgründiges Thema, dass nicht umsonst so viel Bedeutung in den buddhistischen Schriften hat. Es lohnt sich also, genauer hinzuschauen. Auf diese Weise entwickelt sich auch mehr Interesse, ausführliche Kommentare zu studieren, um die Lehren des Buddha besser zu verstehen und entsprechend anzuwenden, da sie alle ein Ziel haben: die Befreiung der Wesen.

Mögen sie alle Glück erlangen und frei von Leiden sein.

 

Ausführlichere Artikel über die Buddha-Natur und zum Uttaratantra befinden sich auf unseren Internet-Seiten:

–        Buddha-Natur – Einführung und 1. Kapitel zum Juwelenschmuck der Befreiung

–        Das Mahayana Uttaratantra (tib. Gyü Lama) – Allgemeine Erklärungen nach einer Zusammenstellung von Khenpo Könchog Tamphel

–        Mahayana Uttaratantra Shastra (tib. Gyü Lama) – Auszug zur Einführung aus den Unterweisungen von Khenpo Könchog Tamphel

Texte und Bücher zur Buddha-Natur im Mandala Dharma-Shop

Seminarhinweis: In diesem Jahr besprechen wir in einem neuen Praxis- und Studienprogramm an zehn Tagen den Kommentar von Maitreya anhand der Unterweisungen zum Uttaratantra Shastra, wie sie von Khenpo Tamphel gegeben wurden.

Tändsin T. Karuna

[1] Skr., tib. Thegpa Chenpo Gyü Lame Tenchö
[2] skr. Uttara, tib. Lame
[3] skr. Tantra, tib. Gyü
[4] Tibetisch: Sang-gye; Sang: Beseitigen; Gye: Entwickeln